Vom 9. September bis zum 8. Oktober konnten wir gemeinsam mit der Simon Fraser University in Vancouver, Kanada ein neues Projekt zu Outdoor Mathematik und MathCityMap durchführen. Bei einem Besuch der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Nathalie Sinclair haben wir uns der Forschung zu Embodiment und Gesten beim Ablaufen eines Mathtrails gewidmet: Wenn Schülerinnen und Schüler am realen Objekt arbeiten, dann scheint es naheliegend, dass sie mit dem Objekt interagieren und mathematische Konzepte durch Gesten beschreiben.

 

 

Zu Beginn wurde der Campus der SFU in den Blick genommen, wobei wir nicht lange nach geeigneten Aufgaben suchen mussten! Nicht nur die Pyramide ist wie für MCM gemacht! Im Rahmen einer Fortbildung mit 20 Lehrkräften konnten die Aufgaben dann auch direkt getestet werden. Anschließend wurden fünf Gruppen dabei gefilmt, wie sie die Aufgaben lösen. In der Auswertung werden wir dann insbesondere betrachten, an welchen Stellen und mit welcher Funktion verschiedene Gesten eingesetzt wurden. Diese Ergebnisse werden von uns für die nächste PME-Konferenz (2022 in Valencia) eingereicht.

Natürlich haben wir es uns nicht nehmen lassen, auch in Vancouvers Innenstadt einige Trails anzulegen – sowohl die Waterfront-Station als auch der Stanleypark waren ideale Adressen für unsere ersten „Canadian Math Trails“.

 

 

Die Studie und der damit einhergehende Forschungsaufenthalt werden vom DAAD und dem BMBF im Rahmen des Projektbezogenen Personenaustausch (PPP) Kanada gefördert.

 

Der dritte Beitrag unserer Kategorie „Behind the Scenes“ soll den ersten Themenblock, den Prozess der Veröffentlichung und der Review von Aufgaben, abschließen. In den beiden vorherigen Beiträgen ging es um die Schritte bis zur Beantragung der Veröffentlichung auf Seiten der Nutzer und die Kriterien, nach denen wir, das MCM-Team, entscheiden, ob eine Aufgabe veröffentlicht wird oder eben erst einmal noch nicht. Im folgenden Möchten wir den Fortgang einer Review anhand eines konkreten Beispiels etwas anschaulicher machen.

 

 

In der Aufgabe „Weißer Reiter“ muss man die Rotation einer Figur beobachten und anhand der Dauer einer Rotation hochrechnen, wie oft sich die Figur an einem ganzen Tag um ihre Befestigung drehen würde. Die Aufgabe entspricht eigentlich allen in „Behind the Scenes Part II“ besprochenen Kriterien, allerdings ist das Lösungsintervall so gestaltet dass es nicht gleichmäßig um den Wert der Musterlösung liegt. Hier wurde eine Dauer der Rotation von 48 Sekunden angenommen. Im grünen Lösungsintervall bleibt man wenn man 45 bis 50 Sekunden messen würde. Nach unten gibt es also eine Toleranz von drei, nach oben eine Toleranz von nur zwei Sekunden. Ähnlich verhält es sich beim orangenen Intervall. Bevor die Aufgabe also veröffentlicht wird, würden wir uns nochmal mit der Person, die die Aufgabe erstellt hat in Verbindung setzen. Hierfür klicken wir auf das im oberen Bereich des linken Bildes zu sehende „Review verfassen“.

 

 

Nun gelangt man zu einem Fenster, in dem man auswählen kann, ob die Aufgabe veröffentlicht werden oder ob sie noch einmal überarbeitet oder, wie in unserem Fall, geprüft werden soll. Außerdem kann man ein schriftliches Feedback verfassen, in dem man entweder informieren kann, dass die Aufgabe angenommen wurde oder auf die Kritikpunkte und Anregungen so eingehen kann, dass der Erstellende angeregt wird seine Aufgabe zu überarbeiten oder zu prüfen und erneut einzureichen.
Mit einem Klick auf „Abschicken“ erhält der Aufgabenerstellende eine Mail mit dem verfassten Text. Im Fall einer vorläufigen Ablehnung kann er nun die Aufgabe überarbeiten und erneut einreichen. Zusätzlich erhält er die Kontaktdaten des Reviewers um vor dem erneuten Einreichen die genannten Punkte bei Bedarf besprechen zu können.
Falls die Person, die die Aufgabe oder den Trail erstellt hat erneut eine Veröffentlichung beantragt, erhält dasjenige Mitglied des MCM-Teams eine Benachrichtigung per Mail, das die Aufgabe oder den Trail beim vorherigen Mal beurteilt hat. Der beschriebene Prozess beginnt nun erneut, wobei über ein Review-Log alle bisherigen Entwicklungen und Nachrichten verfolgt und nachvollzogen werden können. 

 

Auf das Thema des zweite Beitrags in unserer neuen Kategorie „Behind the Scenes“ wird wie im letzten Beitrag beschrieben durch den Klick auf „Review“ in der Trail- oder Aufgabenansicht im Webportal übergeleitet. Hier kann ein Nutzer die Veröffentlichung seines Trails oder seiner Aufgabe beantragen. Doch wie können wir das MCM-Team eigentlich auf die Anträge zugreifen und nach welchen Kriterien werden die Anträge angenommen oder erst einmal abgelehnt? Der Beantwortung dieser Fragen widmen wir uns im folgenden.

 

 

Alle Anträge auf Veröffentlichung laufen auf Seiten des MathCityMap-Teams im Bereich „Reviews“ im Webportal zusammen. Dieser spezielle Bereich ist nur für Review-Berechtigte sichtbar. Reviews können momentan nur von Mitgliedern der MCM-Teams an Universitäten auf der ganzen Welt durchgeführt werden. Langfristig ist allerdings ein Review-Seminar geplant, in welchem man die Berechtigung, Reviews von Trails und Aufgaben durchzuführen, erlangen kann.
Mit einem Klick auf „Reviews“ gelangen wir nun auf eine Übersicht, in der alle Trails und Aufgaben aufgelistet sind, deren Review Prozess noch nicht abgeschlossen wurde. Dies ist entweder der Fall, wenn die Review noch nicht begonnen wurde oder wenn es noch Unklarheiten bei den Aufgaben oder Trails gibt, die von den Erstellenden Nutzern überarbeitet werden. Im Bild unten sieht man dieser Übersicht für Trails. Angezeigt wird der Titel des Trails, in welcher Sprache der Trail angelegt wurde und wann der Trail oder die Aufgabe zum ersten Mal eingereicht wurde.

 

 

Nach der Auswahl eines Trails gelangen wir zu seiner Übersicht in der wir alle Aufgaben einzeln begutachten. Bei der Begutachtung der Aufgaben legen wir auf verschiedenste Kriterien besonderen wert:

  1. Eindeutigkeit. Für jede Aufgabe muss ein Bild genutzt werden, mit dem man die Situation, bzw. das Objekt, um das es in der Aufgabe geht, genau identifizieren kann.
  2. Präsenz. Die Aufgabe kann nur vor Ort gelöst werden, d.h. die Aufgabendaten müssen vor Ort erhoben werden. Das bedeutet auch, dass das Bild oder der Aufgabentext nicht ausreichen dürfen, um die Aufgaben erfolgreich zu bearbeiten.
  3. Aktivität. Zur Lösung der Aufgabe ist eine Aktivität von Nöten, man muss also selbst etwas tun (z. B. Schätzen, Messen oder Zählen).
  4. Realität. Die Aufgabe sollte einen Anwendungsbezug haben, realistisch sein und nicht zu konstruiert erscheinen.
  5. Gestufte Hilfen. Jeder Aufgabe sollten mindestens zwei gestufte Hinweise hinzugefügt werden.
  6. Schulmathematik und Tags. Die Aufgabe sollte eine Beziehung zur Schulmathematik aufweisen, welche der Aufgabe als Schlagworte (Tags) zugeordnet werden. Ebenso sollten die Aufgabe einer Klassenstufe zugewiesen werden.
  7. Antwortformate. Jeder Aufgabe sollte ein sinnvolles Antwortformat zu Grunde liegen, beispielsweise Intervalle für Messaufgaben.
  8. Musterlösung. Jeder Aufgabe soll eine Musterlösung hinzugefügt werden (für Lernende erst nach Bearbeitung der Aufgabe sichtbar), um den Vergleich des eigenen mit dem erwarteten Lösungsweg zu ermöglichen.

Erfüllen alle Aufgaben die genannten Kriterien  kommt für die Veröffentlichung des Trails noch ein letztes Kriterium neben den bereits genannten zum tragen. Dieses ist vor allem relevant, wenn der Trail explizit für Schulklassen konzipiert ist.

9. Praktikabilität. Die Aufgaben des Trails sollten in einem für die vorgesehene Zeit der Durchführung angebrachten räumlichen Radius sein. Weiterhin ist es sinnvoll, wenn die Aufgaben so angeordnet sind, dass sie einen Rundweg bilden, bei dem Start und Ziel möglichst nah beieinander liegen.

Was allerdings genau von der Beantragung bis zur Veröffentlichung passiert und wie dies im Portal auf Seiten des MCM-Teams aussieht möchten wir Ihnen im nächsten Beitrag unserer Kategorie „Behind the Scenes“ an einer Beispielaufgabe zeigen.

In dieser kleinen neuen Rubrik werden wir uns immer wieder mit Themen beschäftigen, die normalerweise hinter den Kulissen von MathCityMap eine große Rolle spielen. Wir wollen Ihnen damit gerne einen kurzen Einblick in die Dinge ermöglichen, die Ihnen ansonsten verborgen bleiben würden. Im heutigen Beitrag wollen wir uns mit dem Unterschied von öffentlichen und nicht öffentlichen Aufgaben und Trails beschäftigen. Hiermit wollen wir bereits das Thema des nächsten Beitrags dieser Rubrik anteasern.

 

 

Nach dem erfolgreichen Erstellen eines Trails oder einer Aufgabe gibt es zwei Möglichkeiten, wie dieser Trail oder diese Aufgabe im Portal von MathCityMap existiert. Auf dem linken Bild sieht man den Normalfall. Die Aufgabe oder der Trail ist privat, was das grüne Schlüsselsymbol anzeigt. Das bedeutet, dass der Trail oder die Aufgabe nur von Nutzern gefunden werden kann, denen der Erstellende den zugehörigen Code übermittelt hat. Wenn Nutzer mit der App nach Trails in ihrer Umgebung suchen, werden private Trails nicht angezeigtund können so auch nicht erlebt werden.

Der zweite Zustand für einen Trail oder eine Aufgabe ist „Öffentlich“. Öffentliche Trails und Aufgaben können von allen Nutzerinnen auf der ganzen Welt gefunden werden. Angezeigt wird das im Portal neben dem Feld „Sichtbarkeit“ noch über den grünen Globus, der im rechten Bild zu sehen ist. Öffentliche Trails und Aufgaben sind das Herzstück von MathCityMap, mit deren Hilfe die ganze Community von der Krativität und dem Ideenreichtum all ihrer einzelnen Mitglieder profitieren kann. 

Doch wie kann man es schaffen, dass der eigene Trail veröffentlicht wird? Hierfür gibt es einen zentralen Button im Webportal, der MathCityMap erst für viele Menschen erfahrbar macht, die nur die App nutzen und nicht selbst im Portal Aufgaben und Trails erstellen. Über einen Klick auf „Review“ (zu sehen auf beiden Bildern) landet man in einem PopUp-Fenster, in dem man die Veröffentlichung beantragen kann. Was dann allerdings noch hinter den Kulissen auf Seiten des MathCityMap-Teams passiert, bis der Trail oder die Aufgabe öffentlich ist, wird Thema des nächsten Beitrags dieser Rubrik sein…

Der Trail des Monats kommt im September aus der Schweiz. Hier legte der Primarschullehrer Roger Pellaton den „Skulpturenweg Leywald Reinach“ an, der in der MCM-App unter dem Code 384906 abgerufen werden kann. Im Webportal ist er hier verfügbar.

Auf diesem Mathtrail finden sich insgesamt zwölf Aufgaben, von denen die meisten direkt an den herrlichen Holzskulpturen des Weges konzipiert wurden. 

 

Wie sind Sie auf das MathCityMap-Projekt gestoßen?

Ich habe bereits zuvor mit Actionbound gearbeitet, und noch früher mit GeoCaching. In diesem Jahr sind Studenten der FHNW (Fachhochschule Nordwestschweiz) in einem einjährigen Praktikum an unserer Schule tätig. Die Studenten erhielten den Auftrag, Kartenarbeit in einer 6. Klasse digital umzusetzen. Von der FH aus brachten sie den Tipp MathCityMap mit, was mir bis dahin noch unbekannt war, und sie wollten von mir wissen, was es sonst noch an Alternativen gäbe. Nach ein bisschen Austausch und gemeinsamer Evaluation entschieden wir uns, das Projekt mit MathCityMap umzusetzen. MCM war für uns alle neu, also haben wir zusammen etwas rumprobiert und die Erfahrungen diesbezüglich gleich für den Rest des Kollegiums aufgearbeitet und verschriftlicht, so dass andere Lehrpersonen von der bereits geleisteten Vorarbeit profitieren können.

 

Beschreiben Sie bitte Ihren Mathtrail.

Der Skulpturenweg in Reinach ist rundum bekannt. Die meisten Kinder kennen ihn bereits, wenn ich mit ihnen diesen Trail mache. Sie waren schon im Kindergarten da, in der Unterstufe höchstwahrscheinlich auch, und mit den Eltern ebenfalls oft. Dennoch sehen sie ihn dann aber doch mit völlig anderen Augen, wenn sie bei einer bestimmten Skulptur eine sehr konkrete Mathematikaufgabe lösen sollen. Mitten im Wald! Das Device in ihrer Hand gibt ihnen zusätzlich noch eine Rückmeldung darüber, ob sie die Aufgabe richtig gelöst haben. Weiter entfernt vom Schulzimmer kann man gar nicht sein, als im Wald, umgeben von kunstvoll geschnitzten Holzfiguren, die eine eigenartige Ruhe und Faszination ausstrahlen. Darüber hinaus trägt man mit einem solchen Trail die Mathematik nicht nur aus dem Klassenzimmer, sondern auch gleich noch ins Elternhaus, wenn bei der nächsten Begehung die Eltern involviert werden.

 

Wie nutzen Sie MCM und warum?

An unserer Schule werden aufsteigend sämtliche SuS der Mittelstufe (4./5./6. Klassen) mit 1:1-iPads ausgerüstet. Mit den 4. Klassen hat man dieses Jahr begonnen, nach den Sommerferien werden die neuen 4. Klassen dazustossen. Als Klassenlehrer einer solchen Klasse begleite ich gleichzeitig auch das gesamte IT-Projekt an unserer Schule auf der pädagogischen Seite. Das nennt sich PICTS (Pädagogischer IT-Support). Als PICTS ist es eine meiner Aufgaben, den Lehrpersonen Wege aufzuzeigen, wie sie die iPads ihrer Klasse gewinnbringend im Unterricht einsetzen können. Ich visualisiere also laufend solche Tools und Projekte, indem ich vieles davon zuerst in meiner eigenen Klasse ausprobiere, um es anschließend ins Kollegium einzubringen.

Da ich das selbst gesteuerte Interpretieren von Aufträgen und Aufgaben für eine der zentralsten Schlüsselkompetenzen eines modernen Lebens empfinde, bin ich für Tools wie MCM dankbar, die es meinen SuS ermöglichen, in geschütztem Rahmen Erfahrungen zu machen, die über eine hohe Lernwirksamkeit verfügen. Dass Corona, Lockdown und Fernunterricht zwar einerseits der IT einen spürbaren Schub verliehen haben, was ich sehr begrüße, genau dadurch aber andererseits die Welt der Kinder immer weiter auf unerfreulich kleine 13 Zoll schrumpft, macht mich nicht glücklich. MCM setzt genau da an und setzt Mathematikaufgaben außerhalb des Schulzimmers in einen neuen Zusammenhang. Das hat mir gut gefallen, und – wenig überraschend – meinen SuS auch.

 

Beschreiben Sie Ihre Lieblingsaufgabe des Trails. Wie kann diese gelöst werden?

Ich habe keine wirkliche „Lieblingsaufgabe“. Mir gefallen generell Aufgaben gut, die etwas Überraschendes bereit halten, oder eine zuvor geschlossene Tür öffnen. Die Schneewittchen-Aufgabe etwa, bei welcher die Kinder sich in die Situation der Zwerge versetzen und sich überlegen sollen, welcher Zwerg welchen anderen Zwerg sehen kann oder eben nicht, das ist so eine Aufgabe. Oder wenn sie bei der Aufgabe mit der „Gluggerbahn“ (Glugger = schweizerdeutsch für Murmel) plötzlich herausfinden, wozu das Stück Schnur dient, das sie zu Beginn des Trails in ihre Hosentasche stopfen sollten. Manchmal hat man als Lehrperson das Glück, bei solchen Momenten zugegen sein zu dürfen.

 

Das Online Portal „FREE APPS FOR ME“ stellt regelmäßig Apps vor, die frei zugänglich und kostenlos sind und rezensiert diese. In einem seiner neuesten Artikel stellt das Team des Portals die MathCityMap-App vor und es berichtet von den Eindrücken, die es bei der Benutzung der App hatte.

Hierbei konzentriert sich das Portal vor allem auf die technischen Funktionen und die Nutzerfreundlichkeit der App, nimmt allerdings auch Bezug auf die Idee die Relevanz von Mathematik an realen Objekten in der Umgebung sichtbar und nachvollziehbar zu machen.

Den vollständigen Artikel finden Sie hier. Viel Spaß beim Lesen!